
(. . . )
Aber Schmollen und Hände in den Schoß? Nicht mit Ursula von der Leyen, Marc Rutte, Emmanuel Macron, Keir Starmer, Kaja Kallas, Friedrich Merz udm. Ein Europa, welches, bis zum letzten Ukrainer kämpfend, Russland militärisch besiegt und wirtschaftlich ruiniert, dachten sie wohl, könnte es noch einmal unter die Großmächte schaffen. Ob sie sich dabei als reale Partner des transatlantischen Bündnisses fühlten, weiß man nicht – sie führten sich so auf und sonnten und stärkten sich im strahlenden Licht des regelbasierten Westens. Aber spätestens mit den beiden Explosionen auf dem Grund der westlichen Ostsee im September 2022 muss ihnen klar geworden sein: die transatlantische Sonne hat eine Steckdose. Und die liegt nicht in Europa.
Boris Pistorius ging als Erstem auf, Deutschland und Europa brauchen eigenen Strom. Endlose Waffenlieferungen an die Ukraine reichen für einen Kampf gegen den Bedeutungsverlust nicht aus. Der Begriff „Kriegstüchtigkeit“, wenn man sich recht erinnert, brauchte für seine Glaubwürdigkeit die unverschämte Lüge. Sie lautet: Russland (das nach Greenpeace für seine Rüstung 10 Prozent dessen aufwendet was die NATO für Waffen verpulvert) bereite einen Krieg gegen Europa vor. Nur der Ampelkanzler – das einzig Gute, was man im Rückblick von ihm sagen kann – zögerte mit dem Geld für die Milliarden-Rüstung.
Dann wurde Anfang März 2025 der Stecker im Oval Office erneut gezogen; so heftig gezogen, dass die Steckdose mitsamt Stecker an Drähten aus der Wand hing. Der transatlantische Boden unter den Füßen der europäischen Anführer und Scharfmacher war weg. Sie sahen sich inspiriert, über Wasser zu laufen.
Auf diese Weise wurde bis auf Weiteres die Idee heiliggesprochen, nicht allein die Ukraine müsse künftig mit europäischen Waffen rausgehauen werden, nein, ganz Europa gelte es vor dem Monster Putin zu retten. Also hurtig ganz, ganz schnell ganz gewaltig aufrüsten. Die Nullen hinter den Zahlen links vorne schossen ins Kraut; die Europäer jeden Geschlechts lernten auf diese Weise irgendwann sogar, wieviel Nullen eine Billion hat.
Europa wurde im Kopf immer mächtiger. In den Augen der Weltmehrheit indes blieb der alte Kontinent ohne die Amerikaner in der Weltpolitik eine Randerscheinung. Auch der Versuch des Vereinigten Königreichs, per Koalition williger Pyromanen einen weiteren Weltenbrand zu entfachen, scheint – dreimal Holz – misslungen. Allerdings, zeitgleich mit der Abfassung dieses Texts versucht auch der inzwischen zum „designierten Kanzler“ aufgestiegene Friedrich Merz noch einmal, sich in einer Weltgeschichte unterzubringen, die es, nicht zuletzt aufgrund seines Wirkens vielleicht gar nicht mehr geben wird. Sein Projekt „Taurus“ hätte gute Chancen, die ersehnte Reaktion Moskaus, wie im Fall Ukraine – nur diesmal atomar bestückt – endlich auch für ganz Europa und mithin für die ganze Welt zu provozieren.
Mengen an Bettlern und Obdachlosen auf Gehsteigen und in den Verkehrsmitteln der Metropolen signalisieren den Sinkflug des Lebensstandards in Europa, Orientierungslosigkeit und Angst machen sich breit. Guck dir die Autobahnen, die Straßen allein in Deutschland an, die Schulen, die Sportstätten, die Brücken und Krankenhäuser. Und denk dran, wie lange sie inzwischen für den Bau eines einzigen Berliner Großflughafens, eines Stuttgarter Hauptbahnhofs, einer Elbphilharmonie brauchen und wieviele öffentliche Millionen als Schmiergelder dabei in private Taschen fließen; von den Albtraum-Profiten der Rüstungskonzerne nicht weiter zu reden. In England, Frankreich und sonst wo in Europa dasselbe. Ist es ein Trost, dass auch diese Erzählung ihre Dialektik hat?
Denn stellt Euch vor, in den Kopfhörern kriegstüchtiger Frontsoldaten, auf den Bildschirmen der Willigen des Wahnsinns erscheinen, wenn es soweit kommen sollte, Meldungen wie: „Die 7. Panzerdivision, Angriffszeit ursprünglich 6.34 Uhr hat voraussichtlich 70 Minuten Verspätung. Grund dafür sind defekte Motoren und Fahrzeugketten. Wir bitten um Entschuldigung. Thank you for using Rheinmetall“.