
…die Zeit vergeht.

Am Montag, 11. 10. 2025 begann mit der Übergabe der ersten sieben Geiseln die Verwirklichung des sogenannten „GAZA-Friedensplans“ des US-Präsidenten. Der Plan wurde ohne die am schlimmsten betroffenen Palästinenser ausgehandelt. Wie alles bei Trump, basiert auch dieser Friedensplan auf Willkür, Dominanz und auf dem Recht des Stärkeren, also auf Aggression, dem Gegenteil von Frieden. Wann endlich – fragt sich da doch, wer Logik hat – taucht in unseren Medien wenigstens die Frage danach auf, ob wir mit den richtigen Leuten befreundet und sogar verbündet sind (und das nicht erst seit Donald Trump)?

Und nun bitte ein bisschen nach mehr innen…
KLEINE AUSWAHL CDREVIEWS

Ein neuer Text über eine nicht gänzlich neue, aber voll interessante und wichtige CD dieses Sommers. FELIX MENDELSSOHN / SHAKESPEARE: EIN SOMMERNACHTSTRAUM, OUVERTÜRE OP. 21 UND VOLLSTÄNDIGE BÜHNENMUSIKEN OP. 26 – Freiburger Barockorchester / MAX URLACHER / RIAS KAMMERCHOR / PABLO HERAS CASADO (2025)
SCHUBERT/JAANSENS.EINE SCHÖNE MÜLLERIN.SPECTRA (2025)
GIOVANNI ANTONINI.LA MORTE DELLA RAGIONE.IL GIARDINO ARMONICO (2019)
LISZT.ORCHESTERMUSIK.JOS VAN IMMERSEEL (FREITAG.2005)
MeinText von 2021 über René Jacobs‘ Neuaufnahme von Beethovens MISSA SOLEMNIS. Sehr lang und sehr schön (beides).
CAFÉ ZIMMERMANN.BACH.BERÜHMTE KONZERTE (2011)
HARNONCOURT.KEIN ENDE IM ERKUNDEN.NACHRUF (2016)
BLÄTTERRASCHELN – GEDANKENSPIELE ZU MUSIK UND GARTEN (SWR kultur2022)
VON DER SPIELUHR ZUM SAMPLER (SWR kultur 2024)
siehe alle CDREVIEWS

Ein sprechend einleuchtendes Ölbild von der Hand des koblenzer Malers Joseph Willibrord Mähler (1778-1860). Mein Beethoven-Büchlein sieht sich – im Verhältnis zur immer noch heroisch titanischen Beethoven-Ikone des Bürgertums – in der Perspektive dieses Porträts.
Herausgekommen in der 100-Seiten-Serie des Reclam Verlag.
Volker Hagedorn in den Autoren-Tips der ZEIT (hyperkurz, hypergenau, hyperrichtig mit jedem Wort) – Stefan Siegert: Beethoven (Reclam) Leben, Werke, Welt, fließend verbunden, engagiert, kundig und gewitzt geschrieben – ein randvolles Brevier.
VIDEOS FILMTIPS
Ein Dok-Film wie nicht viele. Ein spektakulärer Kunstraub 2002 in Amsterdam lässt zwei frühe Bilder Vincent van Goghs für vierzehn Jahre aus dem van Gogh-Museum verschwinden. Der die Sache aufklärende Amsterdamer Kommissar Bob Schagen und die italienische Staatsanwältin Vincenza Marra, die unbeabsichtigt den van Goghs auf die Spur kommt, wirken wie gecastet für die Rolle der coolen, gelassenen Jäger, sie schaffen 2016 die Bilder wieder an ihren Ort. Aber Stars und Hauptpersonen der Handlung sind Octave „Okkie“ Durham und Henk Bieslijn, zwei Prominente und Spitzenathleten in der Elite Amsterdamer Räuber und Einbrecher. Sie eroberten mit ihrem waghalsigen Coup damals die Herzen des europäischen Publikums. Was ist der klägliche Einsatz von ein paar Computerklicks der feinen Herrn vom Clan weltweiter Cum-Ex-Verbrecher der Fianzindustrie mit ihrer dreistelligen Millardenbeute gegen das, was Henk und Okkie für ein paar lumpige Millionen an handwerklicher Meisterschaft und Kaltblütigkeit hingelegt haben? (90 Min., D, I, B 2022, R: Stefano Strocchi; verfügbar bis 26. Januar 2026).
Auf dem Foto Anne Brorhilker, bis zu ihrem überraschenden Rücktritt als Oberstaatsanwältin, Leiterin und treibende Kraft der für die juristische Aufarbeitung der „Cum Cum“ und „Cum Ex“ Skandale verantwortlichen Abteilung der Kölner Staatsanwaltschaft. Sie ist eine der Hauptpersonen in der unbedingt sehenswerten ZDF-Doku Systemfehler – der Cum Ex-Skandal. Im Moment der Niederschrift dieser Zeilen…
Der DDR-Regisseur Konrad Wolf wäre am 20. Oktober hundert Jahre alt geworden. arte zeigt aus diesem Anlass in einer Art Kurzquerschnitt seines Schaffens die vier Filme „Lissi“ (1957), „Sterne“ (1959), „Der geteilte Himmel“ (1964) und „Solo Sunny“ (1980). Besonders sein zentraler Film „Ich war neunzehn“ (1968) fehlt 2025 schmerzlich. Er wäre das unwiderstehliche Antidot zum haltlosen Hirngespinst einer angeblichen russischen Bedrohung Europas (Verfügbar bis Januar 2026).
Der Dokumentarfilmer Dietrich Duppel und der Historiker Thomas Schuhbauer widerlegen die zahlreichen Legenden um die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland gründlich, umfangreich und aufwändig. Der Anlass des Stücks und der Faden, auf den alles aufgezogen wurde, ist ein Ölbild überm Sofa der Eltern des Historikers und seine Geschichte, die dramaturgisch tragende Metapher für die These des ganzen Stücks: die Geschichte der BRD ist eine einzige Lebenslüge. Nur die Schlusssentenz dieses großartig gemachten Blicks hinter die Fassaden des Adenauer-Staats gibt Rätsel auf. Wirtschaftlich, soweit ist alles klar, herrschte Lug und Trug. Aber ein Gutes habe sie denn doch gehabt, die Nachkriegszeit: in ihr habe schließlich die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland geschlagen – auch die Legende von der westlichen Demokratie, so scheint es, harrt ihrer Entzauberung

Im Menü TIEF AUS DEM ARCHIV ein Lieblingsstück aus den goldenen Jahren, des Freelance-Journalismus: ein Portät Eckhard Henscheids in Essen und Trinken von 1995:

Manchmal habe ich Lust, mit Worten zu spielen, zum Bei-Spiel, in einem Satz den Bedeutungskern eines zusammengesetzten Hauptworts oder es selbst in Widersprüche zu verwickeln.


Der Liedermacher, Liedersänger, Komponist und beste deutsche Jazzgitarrist des Jahres 1957, der Filmproduzent, Drehbuchscheiber, Verlagsgründer und Verlagsautor, der last but not least vom Werbegrafiker und „Atelierleiter“ (sechzehn Jahre Art Director) zum mit Stift und Feder zeichnenden, mit der Nadel radierenden und endlich großformatig mit dem Pinsel malenden bildenden Künstler Aufgestiegene – das Multitalent Dieter Süverkrüp, ist am 16. März 2025 in Köln verstorben. Wer ihn liebte und wohlverstand, ist traurig und denkt gern an ihn, an den Menschen, an seine Lieder. Ein Nachruf (Juli 2025).

Das letzte Wort auf dieser Startseite hat ein Bild. Der Metzgersohn Filippo Lippi (um 1406 – 1469) ist neben den anderen Riesen der Renaissance, neben Leonardo, Rafaelo, Tiziano, Michelangelo leicht in den Hintergrund geraten. Unverdient. Er gehört, wenn auch als einer der älteren, zu den ganz Großen der Renaissancemalerei. Wie irdisch, ja wie erotisch das freigelassene rechte Ohr der Madonna. Die wegen weitgehendem Verzicht auf Licht und Dunkel deutliche Linie, die beider Köpfe auseinanderhält, trennt nicht. Sie ist Chiffre für ein Zusammen. Die kleine linke Hand des Kindes hält sich im Rückentuch der jungen Frau fest, deren Rechte das Kind zugleich trägt und liebkost. Sie ist das Lieblingsmodell des Malers, Lippis Lebensgefährtin (darum das Ohr). Man könnte, noch als Agnostiker, religiös werden angesichts dieser Kunst. Sie enthält – neben ihrer ästhetischen Vollkommenheit – Form gewordene Liebe, Zärtlichkeit, Geborgenheit, Einssein, mithin schlichte Menschlichkeit und ergo alles, was haltlose Menschen, so scheint es, der Menschheit zurzeit austreiben und in Vergessenheit geraten lassen wollen. Aber Fra Filippos Arbeit sagt uns noch 600 Jahre später, dass sich – wie der Kuckuck im Volkslied -, was er da gemalt hat, als langlebiger erweist als alles, das die Botschaft eines solchen Bildes mit aller Gewalt zu vernichten trachtet.








