Der britische Dirigent Trevor Pinnock hat in den legendären Zeiten von Archiv/Deutsche Grammophon seit den 1990er Jahren fast alles aufgenommen, was Mozart an Sakral- und Orchestermusik komponiert hat. Ohne freilich – wie Legionen harmloserer Kollegen – von der für so etwas doch nun unfehlbar zuständigen Queen dafür geadelt oder von der Musikwelt, was er sicherlich ist, als einer der größten lebenden Mozartinterpreten anerkannt worden zu sein, was soll’s.
Beim wohl berühmtesten Satz von Mozarts B-Dur Serenade, dem Adagio, umgeht Pinnock die im düster Engelhaften naheliegende Romantikfalle. Er kennt sich – fürs Mozartspiel ewig gut – bestens aus mit Bach, das heißt, er musiziert besonders an gemütstiefen Stellen zügig und behält, wenn es „schön“ wird, einen kühlen Kopf. Auch wenn Mozart in der Romance und besonders innig in der vorletzten der Variationen aus dem Taglicht einer dem Adel verpflichteten Konventionalität herauswechselt ins Zwielicht einer aus früher Bürgerseele empfundenen Realität, ja Surrealität, zeigt Pinnock nichts vor, das sich nicht – so wenigstens spielt er es – im Gemüt der Hörerin von selbst aus der Musik ergäbe.
Und im Allegro-Finale der Gran Partita macht sich bezahlt, dass Pinnock dieses neben Mozarts c-moll Serenade für acht Bläser einzigartige Beispiel seiner Gattung (herrlich dunkler Klang durch Bassetthörner, vier Waldhörner und Kontrafagott), mit einem Ensemble aus Studenten der Royal Academy eingespielt hat. Derart hinreißend jubeln, wie hier von Mozart komponiert, kann nur die Jugend. Junge Welt, September 2016
Mozart: Serenade für 13 Bläser B-Dur K. 361 – Royal Academy of Music Solist Ensemble / Trevor Pinnock (Linn / Naxos)